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Melissa Tektas

Sozialhilfeanspruch als EU / EFTA Bürger und Drittstaatsangehörige in der Schweiz





Sozialhilfeanspruch für EU/EFTA und Drittstaatsangehörige in der Schweiz - Chancen und Herausforderungen

Die Schweiz ist bekannt für ihre hohe Lebensqualität, ihre spektakuläre Natur und ihre starke Wirtschaft. Kein Wunder also, dass viele Menschen aus der ganzen Welt in die Schweiz ziehen, um ihr Glück zu finden. Die Schweiz ist auch Mitglied der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), was es EU/EFTA-Bürgern ermöglicht, sich in der Schweiz niederzulassen und zu arbeiten.

Doch was passiert, wenn EU/EFTA-Bürger oder Drittstaatsangehörige, die nicht aus der EU/EFTA stammen, in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und staatliche Unterstützung benötigen? Haben sie Anspruch auf Sozialhilfe?


Die Antwort auf diese Frage hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen gibt es Unterschiede in den Regelungen für EU/EFTA-Bürger und Drittstaatsangehörige. Zum anderen spielen Kriterien wie Aufenthaltsdauer, Arbeitserlaubnis und familiäre Situation eine Rolle.

EU/EFTA-Bürger, die in der Schweiz leben und arbeiten, haben grundsätzlich Anspruch auf die gleichen Sozialleistungen wie Schweizer Staatsbürger. Das bedeutet, dass sie im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Invalidität finanzielle Unterstützung beantragen können. Allerdings müssen sie gewisse Anforderungen erfüllen, wie zum Beispiel eine bestimmte Aufenthaltsdauer und die aktive Suche nach einer Arbeitsstelle. Dazu gibt es für EU / EFTA Bürger folgende Kriterien zu erfüllen:

Wer «Arbeitnehmer» i.S.d. FZA ist (= Arbeitstätigkeit im 1. Arbeitsmarkt von mind. 12h/Woche), hat FZA-Aufenthaltsanspruch (auch wenn ergänzender Sozialhilfe-Bezug notwendig; inkl. Familienangehörige) und damit auch Anspruch auf Sozialhilfe. Gilt auch für L-Bewilligung (Kurzaufenthaltsbewilligung).

• Art. 61a AIG sieht vor, dass Inhaber einer L-Bewilligung EU/EFTA (Kurzaufenthaltsbewilligung) oder einer B-Bewilligung EU/EFTA (Aufenthaltsbewilligung), bei Vorliegen folgender Umstände keinen Anspruch auf (ordentliche) Sozialhilfe haben:

• Arbeitnehmer

• Unfreiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses…

• ….vor Ablauf der ersten 12 Monate des Aufenthalts

• Ursache ist NICHT Krankheit, Unfall, Invalidität; es besteht kein FZA-Verbleiberecht (vgl. oben), vgl. Art. 61a Abs. 5 AIG

• Keine andere Rechtsgrundlage für Verbleib (z.B. Verbleib bei Ehegatte)


Drittstaatsangehörige haben es etwas schwerer, Sozialhilfe zu erhalten. Die Schweiz hat strenge Regelungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen. In der Regel müssen sie über eine gültige Aufenthaltsgenehmigung verfügen und die finanziellen Mittel vorweisen können, um ihren Lebensunterhalt und ihre Krankenversicherung selbst zu finanzieren.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen und Sonderregelungen. Zum Beispiel haben Drittstaatsangehörige, die seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz leben, unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf Sozialhilfe. Auch Personen, die aufgrund von Krankheit oder Invalidität ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, können in gewissen Fällen Unterstützung beantragen. Wichtig für Drittstaatsangehörige ist zu wissen, dass ihr Aufenthaltstitel vom schweizerischen Migrationsamt widerrufen werden kann.


Mögliche Konsequenzen für EU / EFTA Bürger und Drittstaatsangehörige bei Bezug von wirtschaftlicher Sozialhilfe:

• Widerruf / Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung (B-Bewilligung, Art. 62 Abs. 1 lit. e AIG)

• Widerruf der Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung, Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG)

• Rückstufung von Niederlassungsbewilligung auf Aufenthaltsbewilligung (Art. 63 Abs. 2 AIG)

• Formelle Verwarnung (Art. 96 Abs. 2 AIG), informelles «Hinweis schreiben»

• Ablehnung Gesuch um Familiennachzug (Nachzug durch Schweizer: Art. 42 AIG i.V.m. Art. 51 Abs. 1 lit. b und Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG; Nachzug durch Niedergelassene: Art. 43 Abs. 1 lit. c AIG; Nachzug durch Aufenthalter: Art. 44 Abs. 1 lit. c AIG; Nachzug durch Kurzaufenthalter: Art. 45 lit. c AIG)

• Keine vorzeitige Erteilung der Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung, Art. 34 Abs. 2 lit. b und Abs. 4 AIG)

• Keine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einer nachgezogenen Person, die sich von Ehegatten trennte («nachehelicher Härtefall», Art. 50 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 58a AIG) • Verweigerung Einbürgerung

• Keine Erteilung einer B-Bewilligung für vorläufig Aufgenommene («F-in-B», Art. 84 Abs. 5 AIG, Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG)




Bewilligungen – ausgenommen Niederlassungsbewilligungen - können widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, auf Sozialhilfe angewiesen ist. Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG: Niederlassungsbewilligungen können nur widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer, für die sie oder er zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichen Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist.

• «Erheblich und dauerhaft»: Kantonale Unterschiede; praxisgemäss häufig Bezüge von über CHF 80’000.00 in einem Zeitraum von zwei und mehr Jahren (so z.B. Kanton ZH, vgl. Weisungen).

• Gemäss Bundesgericht kann bereits ein Betrag von CHF 50’000.00 als erheblich gelten (BGer 2C_263/2016, E. 3.1.3).

• Grundsätzlich setzt auch ein Widerruf i.S.v. Art. 62 lit. e AIG (z.B. B-Bewilligung) eine gewisse Erheblichkeit und Dauerhaftigkeit voraus

• WICHTIG: Der Widerrufsgrund ist rechtsprechungsgemäss erst dann erfüllt, wenn die Gefahr eines fortgesetzten / künftigen Sozialhilfebezugs besteht. Es muss damit eine von den aktuellen Verhältnissen ausgehende Prognose erfolgen (BGer 2C_953/2018, E. 3.1).



Die Sozialhilfe in der Schweiz ist also keine grundsätzliche Garantie für EU/EFTA-Bürger und Drittstaatsangehörige, sondern hängt von verschiedenen individuellen Umständen ab. Es ist wichtig, die genauen Regelungen und Vorschriften zu kennen und sich gegebenenfalls professionelle Beratung einzuholen, um die besten Chancen auf Unterstützung zu haben.

Es ist jedoch auch wichtig anzumerken, dass das System der Sozialhilfe nicht darauf ausgelegt ist, alle Menschen auf unbestimmte Zeit zu unterstützen. Es handelt sich um eine vorübergehende Hilfe, um Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen und sie dabei zu unterstützen, wieder auf eigenen Füssen zu stehen.


Die Schweiz hat ein komplexes Sozialhilfesystem, das auf den individuellen Bedarf und die Umstände der Menschen abgestimmt ist. EU/EFTA-Bürger und Drittstaatsangehörige haben demnach die Möglichkeit, Unterstützung zu erhalten, müssen jedoch die nationalen Regelungen genau studieren und sich im Zweifelsfall an professionelle Berater wenden.

Es ist wichtig, dass die Bedürftigen ihre Ansprüche kennen und sich darum bemühen, ihre finanzielle Situation eigenständig zu verbessern, sei es durch die Suche nach einer Arbeitsstelle, die Anpassung an die heimischen Gegebenheiten oder die persönliche Weiterbildung.

Insgesamt bietet die Schweiz vielen EU/EFTA-Bürgern und Drittstaatsangehörigen großartige Chancen, ein neues Leben aufzubauen. Es liegt an jedem Einzelnen, diese Chancen zu nutzen und die Herausforderungen anzunehmen, um erfolgreich in der Schweiz zu leben und zu arbeiten. Sozialhilfe kann dabei eine wichtige vorübergehende Unterstützung sein, die in schwierigen Zeiten helfen kann.


Alle Angaben stützen sich auf die Gesetzgebung des schweizerischen Ausländergesetz (AIG) und auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA), die sie in der Beilage nachlesen können.


Ich hoffe, dass ich mit meinem Beitrag hilfreich sein konnte.


Melissa Tektas

Sozialarbeiterin BSc

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